Ein Fahrradfahrer auf der Straße zeigt Schutzkleidung von Kopf bis Fuß, inklusive Helm, Handschuhe, reflektierende Kleidung und gepolsterte Radhose
Veröffentlicht am August 12, 2025

Ihre Radbekleidung ist kein modisches Accessoire, sondern eine aktive Sicherheitsmaßnahme, die bei einem Unfall über Haut, Knochen und Gesundheit entscheidet.

  • Materialien wie Cordura oder Dyneema retten Ihre Haut bei einem Sturz, während reines Lycra oft versagt.
  • Fluoreszierende Farben sind keine Geschmackssache, sondern eine wissenschaftlich belegte Überlebensstrategie im Straßenverkehr.

Empfehlung: Betrachten Sie jeden Kauf durch die Brille der Risikominimierung – Ihre Gesundheit hat immer Vorrang vor Design oder Preis.

In der Notaufnahme sehe ich die Folgen von Unachtsamkeit, Pech und falscher Ausrüstung. Wenn ein Radfahrer eingeliefert wird, ist eine der ersten Fragen, die wir uns stellen, nicht, wie schnell er war, sondern wie er geschützt war. Viel zu oft sehe ich großflächige Schürfwunden, sogenannte „Asphalt-Tattoos“, die durch minderwertige Kleidung hätten verhindert oder zumindest stark gemindert werden können. Viele Radfahrer investieren Tausende in ihr Rad, aber sparen bei der einzigen Barriere, die zwischen ihrer Haut und dem rauen Asphalt steht.

Es herrscht ein gefährliches Missverständnis: Radbekleidung wird oft unter den Aspekten Komfort bei gutem Wetter, Aerodynamik oder Markenästhetik ausgewählt. Man spricht über Atmungsaktivität und schicke Designs. Doch das ist, als würde man einen Airbag nach der Farbe des Leders beurteilen. Die primäre Funktion Ihrer Kleidung ist nicht, Sie auf den sonntäglichen Kaffeefahrten gut aussehen zu lassen. Ihre wahre Aufgabe offenbart sich in den Sekunden, die Sie nie erleben wollen: bei einem Sturz, einem plötzlichen Wetterumschwung oder in der Dämmerung, wenn ein unaufmerksamer Autofahrer Sie übersieht.

Dieser Artikel bricht mit der oberflächlichen Betrachtung. Wir werden Ihre Ausrüstung nicht als Sport-, sondern als Schutzkleidung analysieren. Es geht nicht darum, ob die Hose bequem ist, sondern ob sie Ihre Haut bei einem 50-km/h-Rutscher auf dem Asphalt zusammenhält. Es geht nicht darum, ob das Trikot modisch ist, sondern ob seine Farbe von einem Gehirn im Bruchteil einer Sekunde als „menschliches Hindernis“ erkannt wird. Wir werden jedes Kleidungsstück wie ein Notarzt betrachten: als entscheidenden Teil eines Gesamtsystems, das im Ernstfall Ihr Leben und Ihre Gesundheit schützt. Denn auf der Straße ist Ihre Kleidung Ihre Rüstung.

Für alle, die einen schnellen visuellen Überblick bevorzugen, fasst das folgende Video die wichtigsten Grundlagen der richtigen Fahrradbekleidung zusammen und ergänzt die detaillierten Sicherheitsaspekte dieses Leitfadens perfekt.

Dieser Leitfaden ist systematisch aufgebaut, um Ihnen eine fundierte, sicherheitsorientierte Entscheidungsgrundlage zu geben. Jede Sektion beleuchtet einen kritischen Aspekt Ihrer persönlichen Schutzausrüstung, von den Materialien, die Ihre Haut retten, bis zur überlebenswichtigen Rolle der Sichtbarkeit.

Inhaltsverzeichnis: Ihre Rüstung auf der Straße – Ein detaillierter Sicherheitscheck

Mehr als nur ein Kissen: Wie eine gute Radhose Ihre Haut und Gesundheit schützt

Die Radhose wird oft auf ihre Polsterung reduziert. Zweifellos ist ein hochwertiges Sitzpolster entscheidend, um den Druck auf den Dammbereich zu minimieren und Nervenkompressionen vorzubeugen. Tatsächlich erleben Fahrer auf Mehrtagestouren mit adäquat gepolsterten Hosen bis zu 70% weniger Taubheitsgefühle und Beschwerden. Doch die Schutzfunktion einer Radhose geht weit über den Komfort hinaus. Sie ist die erste Verteidigungslinie für eines der verletzlichsten und größten Organe: Ihre Haut. Bei einem Sturz ist das Gewebe der Hose das Einzige, was zwischen Ihrer Hüfte, Ihren Oberschenkeln und dem Asphalt steht.

Die Materialwahl und Verarbeitung sind hierbei kritisch. Während einfaches Lycra bei einem leichten Rutscher sofort reißt, bieten Hosen mit abriebfesteren Einsätzen aus Materialien wie Cordura einen deutlich höheren Schutz vor schmerzhaften und infektionsanfälligen Schürfwunden. Die zweite, oft übersehene Funktion ist der Schutz vor Infektionen. Schweiß, Reibung und Druck schaffen ein ideales Milieu für Bakterien. Hochwertige Radhosen verwenden daher fortschrittliche Schaumstoffe und antibakterielle Oberflächen, die, wie Studien zeigen, Hautirritationen und Sattelgeschwüre bei Langstreckenfahrern signifikant verringern. Dies ist keine Frage des Komforts, sondern der medizinischen Prävention.

Zusätzlich spielt die Kompression eine entscheidende Rolle für die Muskulatur. Dr. Markus Heinemann, ein sportmedizinischer Experte, betont im Radfahren.de Magazin:

Kompressionsgewebe ist entscheidend, um Muskelvibrationen zu reduzieren und die Regeneration zwischen Etappen zu fördern.

– Dr. Markus Heinemann, Sportmedizinischer Experte, Radfahren.de Magazin 2023

Die Reduzierung von Muskelvibrationen verringert nicht nur die Ermüdung, sondern kann auch Mikroverletzungen im Muskelgewebe vorbeugen. Eine gute Radhose ist also ein multifunktionales Schutzinstrument: Sie schützt vor Aufprallfolgen, Hautabschürfungen, bakteriellen Infektionen und fördert die muskuläre Gesundheit.

Ihre Hände sind Ihr Airbag: Warum Radhandschuhe bei einem Sturz entscheidend sind

Instinktiv fangen wir einen Sturz mit den Händen ab. Sie sind die erste Kontaktzone zum Boden und damit Ihr natürlicher Airbag. Ohne den Schutz von Handschuhen führt dieser Reflex unweigerlich zu tiefen Schürfwunden an den Handflächen, die nicht nur extrem schmerzhaft sind, sondern auch wochenlang die einfachsten Alltagstätigkeiten behindern können. Ein guter Radhandschuh verteilt die Aufprallenergie und bietet eine abriebfeste Schicht, die Ihre Haut schützt. Die Wahl des Materials an der Innenfläche ist dabei entscheidend für die Art des Schutzes, den Sie erhalten.

Nahaufnahme von Radhandschuhen mit sichtbaren Gelpolstern und Touchscreen-Kompatibilität

Neben dem Schutz bei Stürzen erfüllen Handschuhe eine weitere, vitale ergonomische Funktion: die Prävention von Nervenschäden. Der stundenlange Druck des Lenkers auf die Handflächen kann den Ulnarnerv komprimieren, was zu Taubheitsgefühlen im Ringfinger und kleinen Finger führt – ein Zustand, den Radfahrer als „Lenkerlähmung“ kennen. Wie Prof. Dr. Anna Becker, eine Ergonomie-Forscherin, erklärt, können Handschuhe hier präventiv wirken: „Strategisch platzierte Gelpolster in Radhandschuhen entlasten den Ulnarnerv und beugen dem Karpaltunnelsyndrom effektiv vor.“ Dieser Schutz ist keine Luxusausstattung, sondern eine medizinisch notwendige Maßnahme zur Erhaltung der Nervenfunktion und Lenkkontrolle.

Die folgende Tabelle vergleicht zwei gängige Materialien für die Innenflächen von Handschuhen und zeigt deren unterschiedliche Stärken im Ernstfall. Diese Daten verdeutlichen, dass die Materialwahl direkt von Ihrem hauptsächlichen Einsatzgebiet abhängen sollte.

Materialvergleich für Handschuh-Innenflächen: Clarino vs. Schaumstoff
Material Abriebfestigkeit Stoßdämpfung Real-Szenario-Performance
Clarino-Synthetikleder Hoch Mittel Sehr gut bei Asphalt-Rutschen
Schaumstoffpolster Mittel Hoch Besser bei Schotter-Aufprall

Moderne Radhandschuhe integrieren zudem Features, die sowohl die Sicherheit als auch die Funktionalität erhöhen, wie Touchscreen-Kompatibilität für die Bedienung von Navigationsgeräten, ohne den Schutz ablegen zu müssen, oder ein Frotteedaumen zum Abwischen von Schweiß, der sonst die Sicht beeinträchtigen könnte.

Von Lycra bis Cordura: Welches Material Ihre Haut bei einem Sturz wirklich rettet

Die meisten Radtrikots und -hosen bestehen aus Lycra oder ähnlichen Elastan-Mischgeweben. Diese Materialien sind leicht, atmungsaktiv und aerodynamisch – aber sie haben eine fatale Schwäche: eine extrem geringe Abriebfestigkeit. Im Falle eines Sturzes auf Asphalt zerreißt Standard-Lycra oft im ersten Moment des Kontakts und bietet der Haut keinerlei Schutz. Das Ergebnis sind großflächige, schmerzhafte und schwer heilende Schürfwunden. Aus medizinischer Sicht ist die Wahl des richtigen Materials daher eine der wichtigsten Entscheidungen zur Trauma-Prävention.

Fortschrittliche Fahrradbekleidung integriert daher gezielt robustere Materialien an sturzgefährdeten Zonen wie Hüfte und Schulter. Hier kommen Hightech-Gewebe wie Cordura oder Dyneema ins Spiel. Diese Materialien wurden ursprünglich für den militärischen oder Motorrad-Bereich entwickelt und bieten eine vielfach höhere Reiß- und Abriebfestigkeit. Einem Bericht über neue Materialien zufolge kann eine Dyneema-Verstärkung die Abriebfestigkeit um 50% gegenüber Standard-Lycra erhöhen. Diese Investition in besseres Material ist eine direkte Investition in die Unversehrtheit Ihrer Haut.

Eine weitere Revolution im Bereich des Aufprallschutzes sind sogenannte Non-Newtonian Materialien. Der Materialwissenschaftler Dr. Thomas Richter erklärt das Prinzip: „Non-Newtonian Materialien wie D3O verhärten bei Stößen und bieten Schutz ohne Bewegungseinschränkung.“ Diese intelligenten Protektoren sind im Normalzustand weich und flexibel, werden aber im Moment eines Aufpralls steinhart und absorbieren die Energie, die sonst auf Knochen und Gelenke wirken würde. Sie werden oft in Mountainbike-Kleidung verwendet, finden aber zunehmend auch in Hosen und Jacken für Gravel- und Tourenfahrer Anwendung. Ein körpernaher Schnitt der Kleidung ist dabei essenziell, damit die Protektoren und abriebfesten Zonen im Falle eines Sturzes nicht verrutschen.

Der unsichtbare Feind im Sommer: Wie Sie sich mit der richtigen Kleidung vor Hautkrebs schützen

Während ein Sturz ein akutes, sichtbares Risiko darstellt, wirkt ein anderer Feind leise und über Jahre hinweg: die ultraviolette (UV) Strahlung. Radfahrer sind durch stundenlange Exposition, besonders in den Mittagsstunden und in den Bergen, einem extrem hohen Risiko ausgesetzt, an Hautkrebs zu erkranken. Nacken, Ohren, Arme und Oberschenkel sind permanent der Sonne ausgesetzt. Ein Standard-Sommertrikot aus dünnem, hellem Stoff bietet oft nur einen unzureichenden Schutz, vergleichbar mit einem Sonnenschutzfaktor (SPF) von unter 10, der sich bei Schweiß und Dehnung weiter reduziert.

Spezialisierte UV-Schutzkleidung ist daher keine Option, sondern eine Notwendigkeit. Diese Textilien werden mit einem Ultraviolet Protection Factor (UPF) bewertet, der angibt, wie viel UV-Strahlung das Gewebe blockiert. Eine Übersicht für Outdoor-Sportler zeigt, dass UPF 50+ Kleidung die UV-Einwirkung um über 98% reduziert. Dies wird durch eine spezielle Webdichte oder die Einarbeitung von Partikeln erreicht. Dr. Sabine Keller, eine Textilforscherin, erklärt eine der effektivsten Methoden: „Titanoxid-Partikel in Textilien bieten dauerhaften UV-Schutz, der auch nach vielen Waschgängen erhalten bleibt.“ Im Gegensatz zu Sonnencreme, die abgewaschen wird und neu aufgetragen werden muss, bietet solche Kleidung einen zuverlässigen und permanenten Schutzschild.

Die richtige Strategie geht über das Material hinaus. Langärmelige, leichte Sommertrikots bieten einen weitaus besseren Schutz für die Arme als kurzärmelige Varianten. Ein hoher Kragen schützt den Nacken, eine der am stärksten exponierten und oft vergessenen Zonen. Helle Farben reflektieren zudem einen Teil der Wärmestrahlung und helfen, den Körper kühler zu halten. Denken Sie daran, dass nasse oder stark gedehnte Kleidung an Schutzwirkung verliert. Der Schutz vor Hautkrebs ist ein integraler Bestandteil Ihrer Sicherheitsausrüstung, dessen Bedeutung mit jeder Stunde, die Sie im Sattel verbringen, zunimmt.

Ihre Checkliste für effektiven UV-Schutz auf dem Rad

  1. UPF-Rating prüfen: Achten Sie beim Kauf von Sommerbekleidung explizit auf eine Auszeichnung mit UPF 50+.
  2. Körperbedeckung maximieren: Bevorzugen Sie leichte Langarmtrikots und Hosen, die bis kurz vors Knie gehen. Ein Trikot mit hohem Kragen ist Pflicht.
  3. Materialtechnologie nutzen: Suchen Sie nach Kleidung mit integrierten Titanoxid-Partikeln für langanhaltenden Schutz.
  4. Passform kontrollieren: Wählen Sie Kleidung, die gut sitzt, aber nicht übermäßig spannt, da Dehnung den UV-Schutz verringert.
  5. Unbedeckte Stellen schützen: Kombinieren Sie die Schutzkleidung immer mit hochwertiger Sonnencreme für Gesicht, Ohren und alle anderen unbedeckten Hautpartien.

Gesehen werden, überleben: Warum die Farbe Ihres Trikots wichtiger ist als jedes Design

Die mit Abstand häufigste Unfallursache mit Beteiligung von Radfahrern ist das „Übersehenwerden“ durch andere Verkehrsteilnehmer. Ihre Fähigkeit, im visuellen Rauschen des Verkehrs aufzufallen, ist daher Ihre wichtigste Überlebensstrategie. Hierbei spielt die Farbe Ihrer Kleidung eine entscheidende, wissenschaftlich belegte Rolle. Dunkle, gedeckte Farben wie Schwarz, Grau oder Dunkelblau verschmelzen mit dem Hintergrund von Asphalt, Schatten und Vegetation. Sie machen Sie praktisch unsichtbar.

Im Gegensatz dazu stehen fluoreszierende Farben wie Neongelb, -grün oder -orange. Diese Farben reagieren auf die unsichtbaren UV-Strahlen des Tageslichts und wandeln sie in sichtbares Licht um, wodurch sie heller leuchten als ihre Umgebung. Eine Studie zur Kontrastwahrnehmung im Straßenverkehr hat gezeigt, dass fluoreszierende Farben die Sichtbarkeit bei Tag und in der Dämmerung um bis zu 400% erhöhen können. Das Gehirn eines Autofahrers nimmt diese Farben deutlich schneller wahr und hat somit mehr Zeit zu reagieren. Die Wahl der Trikotfarbe ist keine Frage der Ästhetik, sondern eine aktive Entscheidung für maximale Erkennbarkeit.

Die Verkehrspsychologin Dr. Petra Lang fügt einen entscheidenden Aspekt hinzu: „Reflektierende Akzente an beweglichen Körperteilen helfen dem Gehirn, ein Mensch-auf-Rad-Muster schnell zu erkennen.“ Reflektoren an den Knöcheln, Knien und Handgelenken erzeugen durch die Tret- und Lenkbewegung ein unverkennbares biologisches Bewegungsmuster (Biomotion). Dieses Muster wird vom menschlichen Gehirn weitaus schneller als solches identifiziert als ein statischer Reflektor am Rahmen. Eine 360-Grad-Sichtbarkeit, die leuchtende Farben am Torso mit reflektierenden Elementen an den Gliedmaßen kombiniert, ist der Goldstandard für jeden, der auf öffentlichen Straßen unterwegs ist. Jedes Design, egal wie ansprechend, ist wertlos, wenn die Grundfarbe Sie tarnt statt hervorhebt.

die 3 häufigsten Helm-Fehler vermeiden, die Ihre Sicherheit zunichtemachen

Ein Helm kann die Schwere von Kopfverletzungen drastisch reduzieren – aber nur, wenn er korrekt getragen wird. In der Notaufnahme sehen wir leider immer wieder Patienten mit Kopfverletzungen trotz Helm, weil simple Anwendungsfehler die gesamte Schutzwirkung zunichtegemacht haben. Es ist frustrierend, weil diese Fehler so einfach zu vermeiden wären. Auch wenn die Helmtragequote erfreulicherweise steigt – eine Studie zeigt, dass immerhin 62% der Erwachsenen beim E-Bike-Fahren einen Helm tragen – ist die korrekte Anwendung der entscheidende Faktor.

Der ADAC Sicherheitsexperte Martin Schmitt fasst es treffend zusammen: „Ein gut sitzender Helm reduziert die Schwere von Kopfverletzungen deutlich und ist die wichtigste Schutzmaßnahme beim Radfahren.“ Doch was bedeutet „gut sitzend“ genau? Es gibt drei entscheidende Fehler, die Sie unbedingt vermeiden müssen, um die Schutzfunktion Ihres Helms zu gewährleisten:

  • Fehler 1: Der „Hinterkopf-Sitz“. Der Helm wird zu weit nach hinten geschoben und sitzt hoch auf der Stirn. Bei einem frontalen Aufprall ist Ihre Stirn völlig ungeschützt. Die vordere Helmkante sollte immer zwei Finger breit über den Augenbrauen sitzen.
  • Fehler 2: Lose Gurte. Die seitlichen Y-Gurte müssen direkt unter den Ohrläppchen zusammenlaufen und der Kinnriemen muss so straff sein, dass gerade noch ein Finger zwischen Riemen und Kinn passt. Ist der Gurt zu locker, kann sich der Helm beim Sturz verdrehen oder sogar vom Kopf fliegen, bevor er seine Schutzwirkung entfalten kann.
  • Fehler 3: Materialermüdung ignorieren. Ein Helm ist ein Verbrauchsgegenstand. UV-Strahlung, Schweiß und kleine Stöße lassen das Material über die Zeit altern und spröde werden. Ein Helm sollte daher nach 3-5 Jahren ersetzt werden. Nach jedem Sturz, selbst wenn keine sichtbaren Schäden erkennbar sind, muss der Helm sofort ausgetauscht werden, da unsichtbare Mikrorisse die Struktur geschwächt haben können.

Ein Helm ist keine Mütze, sondern ein präzise konstruiertes Sicherheitssystem. Die wenigen Sekunden, die Sie in die korrekte Einstellung investieren, können im Ernstfall den entscheidenden Unterschied ausmachen.

wie moderne Designs Reflektoren unsichtbar integrieren

Traditionelle reflektierende Kleidung litt oft unter einem ästhetischen Problem: klobige, silberne Streifen, die das Design störten und tagsüber wenig ansprechend aussahen. Diese Zeiten sind vorbei. Die moderne Materialtechnologie hat es ermöglicht, Sichtbarkeit und Stil nahtlos zu verbinden, sodass Sie nicht mehr zwischen Sicherheit und Ästhetik wählen müssen. Der Schlüssel liegt in der Integration von retroreflektierenden Materialien, die bei Tageslicht fast unsichtbar sind.

Designingenieur Markus Vogel beschreibt die Technologie dahinter: „Retroreflektierende Materialien erscheinen tagsüber unauffällig, leuchten aber nachts dank 3M Scotchlite-Technik stark auf.“ Diese Materialien verwenden winzige Glaskügelchen oder Mikroprismen, die das Licht einer externen Quelle (wie Autoscheinwerfer) direkt zurück zur Quelle werfen, anstatt es zu streuen. Das Ergebnis ist eine extrem helle, weithin sichtbare Reflexion, die den Fahrer aus der Dunkelheit herausschneidet. Diese Technologie wird heute in Form von dezenten Logos, Paspeln an Reißverschlüssen oder sogar als Muster auf dem gesamten Stoff eingesetzt.

Einige Hersteller gehen noch einen Schritt weiter und weben reflektierende Fäden direkt in das Gewebe ein. Eine solche Fallstudie beschreibt, wie durch diesen Ansatz großflächige, haltbare Muster erzeugt werden, die tagsüber als Teil des Designs wahrgenommen werden, aber bei Dunkelheit maximale Sichtbarkeit gewährleisten. Diese Integration ist haltbarer als aufgeklebte Streifen und beeinträchtigt die Atmungsaktivität des Stoffes nicht. Andere Innovationen umfassen den Einsatz von wiederaufladbaren LED-Lichtleisten, die aktiv leuchten, oder Materialien, die selbst bei starkem Regen ihre Leuchtkraft nicht verlieren. Diese modernen Lösungen beweisen, dass hohe Sichtbarkeit kein Kompromiss mehr sein muss, sondern ein intelligentes, integriertes Feature sein kann.

Das Wichtigste in Kürze

  • Funktion vor Form: Die primäre Aufgabe Ihrer Kleidung ist der Schutz vor Sturz, UV-Strahlung und schlechter Sichtbarkeit, nicht die Ästhetik.
  • Material ist entscheidend: Abriebfeste Materialien (Dyneema, Cordura) an Sturzzonen und Stoffe mit UPF 50+ sind eine aktive Gesundheitsvorsorge.
  • Farbe ist Überleben: Fluoreszierende Farben bei Tag und retroreflektierende Elemente bei Nacht sind Ihre wichtigste Lebensversicherung im Straßenverkehr.

alles über den gut sitzenden Fahrradhelm erfahren

Wir haben die häufigsten Anwendungsfehler besprochen, aber die Grundlage für die Wirksamkeit eines Helms wird bereits beim Kauf gelegt: mit der perfekten Passform. Ein Helm, der nicht zu Ihrer individuellen Kopfform passt, kann Druckstellen verursachen, verrutschen und im schlimmsten Fall im Moment des Aufpralls seine Schutzwirkung nicht voll entfalten. Köpfe sind nicht alle gleich; sie können eher rund oder oval sein. Helmhersteller designen ihre Modelle oft für eine bestimmte Kopfform. Daher ist es unerlässlich, verschiedene Marken und Modelle anzuprobieren, um den Helm zu finden, der sich ohne Druckstellen gleichmäßig an Ihren Kopf schmiegt.

Fahrradhelm mit MIPS-System auf hellem Hintergrund, zeigt Details des Innenaufbaus und Passform

Neben der reinen Passform spielt eine Technologie eine immer größere Rolle beim Schutz des Gehirns: MIPS (Multi-directional Impact Protection System). Die meisten Stürze erfolgen nicht linear, sondern mit einer Rotationsbewegung. Diese Kräfte können schwere Hirnverletzungen verursachen. Hans van Holst, einer der Erfinder von MIPS, erklärt das Prinzip: „MIPS reduziert Rotationskräfte bei Stürzen und schützt so das Gehirn vor Verletzungen durch schrägen Aufprall.“ Es handelt sich um eine reibungsarme Schale im Inneren des Helms, die es dem Kopf erlaubt, sich bei einem schrägen Aufprall einige Millimeter relativ zum Helm zu bewegen. Crashtests belegen eindeutig, dass Helme mit MIPS-Technologie diese gefährlichen Rotationsenergien besser absorbieren.

Ein gut sitzender Helm ist mehr als nur eine harte Schale. Er ist ein komplexes System aus Passform, Riemeneinstellung und fortschrittlichen Schutztechnologien wie MIPS. Achten Sie bei der Auswahl auch auf touringspezifische Merkmale wie eine gute Belüftung zur Vermeidung eines Hitzestaus und ein Insektennetz in den vorderen Belüftungsöffnungen. Ihre Sicherheit hängt von diesem letzten, aber wichtigsten Teil Ihrer Rüstung ab. Nehmen Sie sich die Zeit für eine sorgfältige Auswahl und Einstellung.

Die Entscheidung für die richtige Fahrradbekleidung ist eine bewusste Entscheidung für Ihre eigene Gesundheit und Sicherheit. Betrachten Sie Ihre Ausrüstung als ein integriertes System, bei dem jedes Teil eine spezifische Schutzfunktion erfüllt. Ein bewusster Umgang mit Material, Farbe und Passform ist die intelligenteste und effektivste Form der Unfallprävention.

Geschrieben von Anja Schmidt, Anja Schmidt ist eine ehemalige Radsportlerin und heutige lizensierte Trainerin mit 10 Jahren Erfahrung in der Leistungsdiagnostik und Trainingssteuerung für ambitionierte Amateure.